X. Sold (stipendium) und Sonderprämien (donativa)

 

   Nach dem Tod des Kaisers Augustus im Jahr 14 brachen an Rhein und Donau Meutereien aus. Neben sadistischen Vorgesetzten und weit überzogenen Dienstzeiten beschwerten sich die Soldaten auch über den kümmerlichen Sold. 225 Silberdenare pro Jahr (= 900 Sesterzen) waren schon an und für sich nicht viel Geld, und entsprachen grob dem Jahreslohn eines Tagelöhners (Offiziere und Unteroffiziere verdienten allerdings deutlich mehr). Von dieser Summe wurde den Legionären auch noch der größte Teil für Zwangsspareinlagen (depositum), gemeinsame Feiern (v.a. die Saturnalia), die Begräbniskasse, sowie für Lebensmittel, Waffen, Kleidung, Stiefel, Stroh u.a. Versorgungs- und Ausrüstungsgüter abgezogen. Mit dem kümmerlichen Rest musste der Centurio bestochen werden, der sonst zahlungsunwillige Soldaten solange schikanierte, bis sie ihn wieder finanziell befriedigten.

   Im späten 2./frühen 3.Jh. sah die finanzielle Lage der Soldaten deutlich anders aus. Durch die Bürgerkriege waren die Kaiser immer mehr gezwungen, sich die Loyalität des Heeres durch üppige Zuwendungen zu erkaufen. Der Soldatenstand blieb zwar weiterhin ein anstrengendes, entbehrungsreiches und vor allem lebensgefährliches Pflaster, aber die ordentlichen und außerordentlichen Zahlungen waren merklich gestiegen. Bereits Domitian [81-96] hatte den Legionärssold um ein Drittel von 225 auf 300 Denare pro Jahr erhöht (= von 900 auf 1200 Sesterzen). Unter Septimius Severus stieg er dann (wahrscheinlich) um 50% auf 450 Denare (1800 Sesterzen), oder sogar auf 500 Denare (2000 Sesterzen). Gleichzeitig scheint Septimius Severus die Soldabzüge für Lebensmittel und Versorgungsgüter abgeschafft zu haben, wodurch sich die Finanzkraft der Soldaten weiter erhöhte. Nur etwa eineinhalb Jahrzehnte später steigerte Caracalla den Sold noch einmal um 50% auf 675 Denare (2700 Sesterzen), und vielleicht sogar auf 750 oder sogar 900 Denare pro Jahr (3000 bzw. 3600 Sesterzen). Dazu kamen noch Sonderprämien für erfolgreich abgeschlossene Feldzüge oder besondere Anlässe wie den Geburts- oder Krönungstag des Kaisers oder seines Thronfolgers. Ein solches Geldgeschenk (donativum) wurde gewöhnlich in Edelmetall ausbezahlt. Donativa gab es auch schon in der frühen Kaiserzeit, doch nahmen sie an Zahl und Umfang später immer mehr zu.

   Der Staatshaushalt ging durch die ungeheuren Ausgaben für das Heer langsam aber sicher in die Knie, und konnte nur durch Enteignungen und Münzentwertungen vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. Finanzreformen waren von vorne herein zum Scheitern verurteilt, denn alle Versuche, die Soldzahlungen auf ein ‚vernünftiges’ Maß zu reduzieren, führten unweigerlich zu Meutereien. Schon Septimius Severus hatte seine Söhne auf dem Totenbett ermahnt, untereinander einträchtig zu sein, die Soldaten zu bezahlen, und den Rest zu vergessen. Caracalla begründete seinen Finanzbedarf mit den Worten, es dürfe niemand Geld haben außer ihm, und er müsse es den Soldaten geben.

   Maximinus Thrax erhöhte den Jahressold dann auf die gewaltige Summe von 1500 oder sogar 1800 Denaren pro Jahr (= 6000 bzw. 7200 Sesterzen), aber wegen der zunehmenden Inflation war diese Solderhöhung vielleicht nicht ganz so beeindruckend wie sie auf den ersten Blick aussah. Schon Caracalla hatte eine neue Inflationsmünze, den Antoninian, eingeführt. Dieser wurde als Doppeldenar gewertet, hatte tatsächlich aber nur das eineinhalbfache Volumen eines Denars. Die zunehmende Geldentwertung wurde durch diese neuen Münzen eher noch beschleunigt. Die ‚Silberprägung’ enthielt immer weniger Silber, und Mitte des 3.Jh. bestanden die Denare und Antoniniane aus Bronze/Messing mit einer hauchdünnen Schicht Silber, die nach wenigen Wochen abgegriffen war (s.o. Abb. 9 u. 10. Bei den severerzeitlichen Denaren in den Abb. 5 u. 6 ist der Silbergehalt auch schon gesunken). Zusammen mit Naturallieferungen wurden die  donativa/Geldgeschenke (in Gold u.o. Silber) nach und nach zum ‚eigentlichen’ Sold.

 

   Die folgende Tabelle zeigt die Soldhöhe verschiedener Rangstufen in Denaren pro Jahr unter Septimius Severus und Caracalla (für Wert in Sesterzen Zahl mit 4 multiplizieren). Die genauen Summen sind in der Forschung umstritten, waren aber auf jeden Fall hoch.

 

Rangstufe

Septimius Severus

Caracalla

milites gregarii und immunes

450 (o. 500 ?)

675 (o. 750 o. 900 ?)

Principales:

sesquiplicarii (‘Anderthalbsöldner’)

duplicarii (‘Doppelsöldner’)

 

675 (o. höher?)

900 (o.h.?)

 

1012,5 (o. 1350 ?)

1350 (o. 1800 ?)

centuriones (cohortes II – X)

7500 (o.h.?)

11 250 (o. 15 000 ?)

centuriones (cohors I)

15 000 (o.h.?)

22 500 (o. 30 000 ?)

primus pilus / praefectus castrorum

37 500 (o.h.?)

56 250 (o. 75 000 ?)

 

   Mit steigender Rangstufe stieg also auch die Soldmenge exponentiell an. Ein einfacher Centurio verdiente mehr als das 15- bis 16-fache eines einfachen Legionärs. Trotzdem war die severische Zeit auch für einfache Militärangehörige eine Phase des Wohlstands. Die Soldaten konnten ihre Familien ernähren, leisteten sich aufwändig verzierte Waffen,  Rüstungsteile und Militärgürtel als Statussymbole, und einige hielten sich für die unangenehmeren Arbeiten sogar einen Privatsklaven.

 

 

 

Florian Himmler