B)    Struktureller Teil

 

VIII. Taktische Struktur und Mannschaftszahlen

 

   Die taktisch wichtigste Untereinheit der Legion war die Cohors/Kohorte. Eine Legion gliederte sich in insgesamt 10 Kohorten. Jede dieser Kohorten (mit Ausnahme der I., s.u.) zerfiel wiederum in 3 Manipel zu je 2 Centurien, bestand also aus insgesamt 6 Centurien. Eine Centurie hatte trotz ihres Namens („Hundertschaft“) eine Sollstärke von nur 80 Mann. Die gesamte Kohorte kam damit auf etwa 480 Mann. Nach einer anderen Rechnung umfasste eine centuria tatsächlich 100 Mann (= 80 Soldaten und 20 Offiziere/Unteroffiziere u. Spezialisten). In diesem Fall hatte eine Kohorte (idealiter) nicht 480, sondern 600 Mann.

   Die Bezeichnungen der 3 Manipel (Centurienpaare) – pili, principes, hastati – erinnerte an die alte Manipulartaktik der republikanischen Armee, die in der hohen Kaiserzeit scheinbar noch in Grundzügen vorhanden war. Dass die drei unterschiedlichen Begriffe noch immer ausrüstungstechnische Unterschiede beinhalteten, ist eher unwahrscheinlich, obwohl sich die Legionstruppen spätestens im 3.Jh. untereinander wieder mehr spezialisierten.

   In der Schlacht kämpften die 6 Centurien einer Kohorte entweder hintereinander gestaffelt in 6 Reihen (bzw. in drei Reihen, wenn je zwei zu einem Manipel zusammengefasst wurden), oder wohl eher in einer Formation, bei der die drei Manipel nebeneinander postiert wurden, so dass die zweite Centurie eines Manipels hinter der ersten Centurie stand, also in zwei Reihen.

   Die I. Kohorte war ein Sonderfall. Sie bestand aus nur 5 Centurien – nicht 6 – aber diese 5 Spezialcenturien hatten eine doppelte Mannschaftsstärke von je 160 o. 200 Mann, so dass die I. Kohorte auf einen Sollstand von 800 o. gar 1000 Mann kam.

   Mit den 5 Centurien der I. Kohorte hatte eine Legion insgesamt 59 Centurien.

   Zusätzlich hatte jede Legion noch eine kleine Kavallerieeinheit von 120 (o. sogar 726 ?) Reitern (equites legionis), die als Aufklärer, Meldereiter, und zum persönlichen Schutz des Legionsbefehlshabers eingesetzt wurden. Mitte des 3.Jh. wurden viele dieser Legions-kavallerieeinheiten von Kaiser Gallienus herausgezogen, und einer neu aufgebauten und in Oberitalien stationierten mobilen Elitetruppe einverleibt, die als ‚Feuerwehr’ von einem Krisenherd zum nächsten geschickt wurde.

   Die gesamte Legion hatte somit einen Sollbestand von etwa 5240 – 6055 Soldaten, je nachdem ob bestimmte Spezialistengruppen mit eingerechnet werden (medizinisches Personal, Stabssoldaten, Lagerarbeiter, die Legionsabteilung beim Statthalter). Der Effektivbestand einer Legion lag aber, außer bei Neuaufstellungen, wohl immer unter den beiden o.a. Summen. Erhaltene Statusberichte von Auxiliareinheiten aus Vindolanda (Britannien) und Dura-Europos (Syrien) belegen, dass ein guter Teil des Mannschaftsbestands zu diversen Arbeits- und Kontrolleinsätzen in der Nähe des Standorts oder auch weit weg in der Provinz abkommandiert war. Eine nicht unerhebliche Abteilung befand sich in der Umgebung des Statthalters, und im Lazarett lagen meist viele krankheitsbedingte Ausfälle (und nach Kämpfen auch Verwundete). 

 

   In den Kriegen der hohen Kaiserzeit kämpften normalerweise sowieso keine kompletten Legionen mehr, sondern vexillationes, die für langwierige Kleinkriege eher geeignet waren. Notfalls konnte man mehrere vexillationes zu größeren Kampfgruppen zusammenfassen. Kleinere Abteilungen wurden auch zur Verteidigung wichtiger Verkehrsknotenpunkte oder Bergpässe herausgezogen. Kampfvexillationen bestanden meist aus einer oder zwei Kohorten, und hatten mit Verwaltung und Logistik eine Einsatzstärke von etwa 500 oder 1000 Mann.

 

 

Florian Himmler