VI. Leg III Italica im Orientfeldzug Aurelians

 

   268 wurde Raetien erneut Schauplatz einer Usurpation. Gallienus hatte Aureolus, seinen erprobten Kavalleriegeneral, nach Raetien geschickt, wo dieser jedoch von den dortigen Legionstruppen zum Kaiser erhoben wurde. Vermutlich hatte er eine Armee für einen Feldzug gegen Postumus sammeln sollen, aber diese Armee wandte sich jetzt gegen Gallienus selbst. Aureolus überquerte sofort die Alpen, wurde aber von Gallienus in Mailand eingeschlossen. Gallienus konnte sich jedoch nicht lange an seinem Sieg erfreuen, da er von den eigenen Offizieren ermordet wurde.

   Inzwischen waren auch die Allamannen wieder aktiv geworden, fielen in Raetien ein, und überquerten die Alpen. Der neue Kaiser Claudius II [268-270] besiegte sie aber in einer Schlacht am Gardasee. Kurz nachdem Claudius II auch eine riesige Masse Goten bei Naissus/Niš vernichtet hatte, starb er leider an einer Seuche.

   Der nächste Kaiser, Aurelian [270-275], hätte sich nun dem Gallischen Sonderreich zuwenden können, er entschloss sich aber, zuerst die Lage im Osten zu bereinigen. Diese Kampagne hatte eine längere Vorgeschichte. Nachdem Kaiser Valerian vom persischen Großkönig Shapur gefangengenommen worden war, stand die östliche Reichsgrenze den Persern hilflos offen. Valerians Sohn Gallienus hatte an der Donau genügend Ärger und konnte nicht eingreifen. Hilfe kam von der reichen und mächtigen Handelsstadt Palmyra, die sich dank ihrer hohen Wirtschaftskraft (vergleichbar einem modernen Ölemirat) eine schlagkräftige Armee Panzerreiter leisten konnte. Septimius Odaenathus, der Exarch von Palmyra, wurde zum dux Romanorum ernannt, dann zum imperator und corrector totius Orientis („Verwalter des gesamten Orients“), und schließlich sogar zum rex regum („König der Könige“). Mit der palmyrenischen Armee hielt er die Perser wirkungsvoll in Schach, und konnte einmal sogar bis zur persischen Hauptstadt Ktesiphon vorstoßen. 267 wurde er allerdings von missgünstigen Verwandten ermordet, worauf seine energische Frau Zenobia für ihren Sohn Vaballathus die Regentschaft fortsetzte. 270 kam es zum Bruch zwischen Zenobia und Aurelian. Zenobia brachte Anatolien und vor allem Ägypten unter ihre Kontrolle, und begann den Aufbau eines eigenen Palmyrenischen Reiches. Aurelian konnte das nicht dulden und marschierte mit den mobilen Einheiten der Donauarmee nach Syrien. An diesem Feldzug waren auch vexillationes der II Italica und der III Italica beteiligt. 272 kam es bei Emesa zur Schlacht:

 

   Die palmyrenische Armee war 70 000 Mann stark [...] und versammelte sich in der Ebene vor Emesa. Ihnen gegenüber stellte sich [Aurelian] mit seiner Dalmatischen Kavallerie auf, sowie mit den Moesiern, den Pannoniern [...], und den Norikern und Raetern, welche keltische Legionen sind.

 

   Mit den Norikern und Rätern sind die vexillationes der II Italica und der III Italica gemeint. Die beiden Legionen waren natürlich nicht wirklich ‚keltisch’ – der Ausdruck zeigt ihre Herkunft aus Gegenden mit einer keltisch-romanischen Bevölkerung an. Die ‚Moesier’ und ‚Pannonier’ waren die Legionsvexillationen aus dem unteren und mittleren Donauraum.

 

   Dazu [...] kamen die Praetorianer, die ausgezeichnetsten von allen, die nach Verdienst aus dem ganzen Heer ausgewählt werden. Zusammen mit diesen wurde die mauretanische Kavallerie aufgestellt, sowie – aus Asien – Truppen aus Tyana, Mesopotamien, Syrien, Phoenicien und Palästina. Zusammen mit ihrer übrigen Ausrüstung hatten die Truppen aus Palästina Keulen und Knüppel.

 

   Als die Armeen aneinander gerieten, machte die römische Kavallerie einen Scheinrückzug, damit die römische Armee nicht in eine Falle geraten und von der zahlenmäßig weit überlegenen palmyrenischen Kavallerie eingekreist werden würde. Die palmyrenische Kavallerie verfolgte daher die sich zurückziehenden [römischen Reiter] und kam dadurch selbst in Unordnung. Es kam aber anders als die römische Kavallerie es geplant hatte. Sie wurden von einem Gegner verfolgt, der ihnen weit überlegen war, und da viele getötet wurden, musste sich die Infanterie um den ganzen Kampf kümmern. Als sie sahen, dass die Formation der palmyrenischen Kavallerie während der Verfolgung in Unordnung geraten war, schwenkten sie [d.h. die römische Infanterie] ihre Reihen herum und griffen den Gegner an, während dessen Streitkräfte zerstreut und in Unordnung waren. Es kam zu einem fürchterlichen Schlachten, als sie mit ihren gewohnten Waffen angriffen, mit Ausnahme der Palästinenser, die ihre Keulen gegen die in Eisen- und Bronzepanzerung schwangen [= die palmyrenischen Panzerreiter]. Gerade dies führte zum Sieg, denn der Feind war mit den Knüppeln nicht vertraut und entsetzt über ihre Wucht. Die Palmyrener brachen aus der Formation und flohen, wobei sie ihre eigenen Männer niedertrampelten, und [gleichzeitig] von den Römer massakriert wurden, so dass die Ebene mit Menschen- und Pferdekadavern übersäht war. (Zosimos 1, 52-53)

 

   In der Schlacht von Emesa zeigte sich die immer noch hohe Qualität der römischen Infanterie. Obwohl ihre Kavallerie in die Flucht geschlagen worden war, und sie ihre Flankensicherung verloren hatten, gerieten die Legionäre und Prätorianer nicht in Panik,  hielten auch während des Schwenkmanövers die Formation aufrecht, und attackierten mit Erfolg die auseinangergezogene palmyrenische Kavallerie im Nahkampf.

   Königin Zenobia wurde auf der Flucht gefangengenommen, womit das palmyrenische Sonderreich zu existieren aufhörte. Die Verteidigungsanlagen von Palmyra wurden geschleift, wodurch die Stadt ihre frühere Bedeutung verlor und nach und nach verödete.

   Die an der Schlacht von Emesa beteiligte Vexillation der III Italica wurde danach wohl hastig nach Westen verlegt, wo Aurelian 274 n.Chr. – diesmal relativ unblutig – auch das ‚Gallische Sonderreich’ zurückgewinnen konnte.

 

 

Florian Himmler