IV. Der Niedergang – von Severus Alexander bis Gordian III

 

   Mitte der zwanziger Jahre des 3.Jh. kam es im Orient zu einer folgenschweren Umwälzung. Der letzte Partherkönig starb in der Schlacht gegen den persischen Rebellen Ardaschir aus dem Clan Sassans. Rom sah sich plötzlich statt dem zunehmend instabilen Partherreich einem straff geführten und höchst aggressiven neupersischen Reich gegenüber (‚Reich der Sassaniden’). Der neue Großkönig Ardaschir I propagierte eine Wiederherstellung des alten persischen Reiches und forderte von Rom Syrien, Palästina, Kleinasien und Ägypten. Da die Römer selbstverständlich nicht darauf eingehen wollten, kam es zum Krieg. Beide Reiche schwächten sich von nun an fünf Jahrhunderte lang gegenseitig in immer neuen Kämpfen – bis zum Aufstieg der Araber.

   Kaiser Severus Alexander startete 231/32 einen groß angelegten Feldzug gegen die Perser. Da die Quellen auch Truppenkontingente aus Raetien erwähnen, war zumindest eine Abteilung der Leg III Ital mit Sicherheit dabei. Leider erwies sich der Feldzug als sehr verlustreich. Eine nördliche Heeresgruppe stieß durch Armenien und richtete einige Verheerungen im Nordiran an. Severus Alexander kam allerdings mit der mittleren Heeresgruppe nicht recht voran, und die südliche Heeresgruppe wurde von einer persischen Kavalleriearmee eingekreist und komplett aufgerieben.

   Während das römische Heer im Folgejahr 233 noch damit beschäftigt war, seine Wunden zu lecken und die Verluste wieder aufzufüllen, kam bereits die nächste Katastrophenmeldung, diesmal aus einer ganz anderen Richtung. In Obergermanien und Raetien hatten die Stämme der Allamannen die Abwesenheit der römischen Elitetruppen ausgenutzt und waren mit ungeheurer Wucht über das Limesgebiet hergefallen. Zahlreiche Kastelle und unzählige Dörfer und Ortschaften wurden geplündert und zerstört, die Bevölkerung massakriert oder verschleppt. Selbst im Allgäu wurden noch Bregenz und Kempten niedergebrannt. Regensburg könnte ohne größere Schäden davongekommen sein, aber Münzschätze bei Dambach, Pförring, Eining und Straubing zeigen wie chaotisch die Lage auch hier war. Noricum wurde anscheinend ebenfalls bedroht, und an der mittleren und unteren Donau wurden die iranischen Sarmaten und die Daker aktiv.

   Die aus diesen Gebieten abgezogenen Soldaten machten jetzt der Sorge um ihre Angehörigen Luft, indem sie (nicht ganz zu unrecht) dem Kaiser die Schuld zuschoben:

 

    Sie meinten eine zweifache Tragödie erlitten zu haben, erstens durch ihre Misserfolge im Perserkrieg, und zweitens durch die Berichte, die sie einzeln über die Vernichtung ihrer Familien durch die Germanen erhielten. Sie richteten ihren Zorn auf Alexander, und gaben ihm die Schuld für den Verrat ihrer Sache im Osten durch seine Nachlässigkeit oder Feigheit, sowie seine zögerliche Reaktion auf die Krise im Norden.

(Herodian 6, 7, 3)

 

   Severus Alexander bemühte sich eilig, die Lage wieder herzustellen. Anfang 235 war alles für einen großen Straffeldzug bereit, der von der Hauptbasis Mainz ausgehen sollte. Die Heeresverbände am Oberrhein und der oberen Donau wollten Rache, und einige schielten wohl auch schon mit einem Auge auf die Siegesprämie. Der Kaiser und seine einflussreiche Mutter versuchten inzwischen allerdings einem Krieg aus Kostengründen aus dem Weg zu gehen und versprachen den Germanen Stillhaltegelder.

 

Beide wurden daraufhin vom erzürnten Militär gelyncht.

 

   Kaiser wurde jetzt Maximinus [235-238], genannt Thrax (‚der Thraker’), ein hünenhafter alter Haudegen, der sich im Heer hochgedient hatte. Sein Herrschaftsanspruch wurde allerdings nicht überall sofort akzeptiert, so dass mehrere römische Kastelle von römischen Truppen zerstört wurden. Im Anschluss daran wurde mit etwas Verzögerung der geplante Allamannenfeldzug ausgeführt, der zumindest für ein paar Jahre die Ruhe wiederherstellte. Die Zerstörungen von 233 konnten allerdings nicht mehr ausgeglichen werden.

   In den nächsten beiden Jahren führte Maximinus außerdem Kriege gegen die Sarmaten und Daker. Die Leg II Ital aus Lauriacum (Lorch) nahm nachweislich an diesen Kämpfen im Donauraum teil, und Teile der Leg III Ital dürften ebenfalls dabei gewesen sein.

     Im Inneren des Reiches hatte sich Maximinus inzwischen jedoch durch seine rücksichtslos eingetriebenen Kriegssteuern verhasst gemacht. Nach Aufständen und Kaisererhebungen in Afrika und Italien marschierte Maximinus über die Julischen Alpen, biss sich aber an der gut verteidigten Nachschubbasis Aquileia fest. Nach einer längeren Belagerung wurde er von seinen unzufriedenen Soldaten ermordet.

 

   Sein Gegner und Nachfolger, der junge und politisch schwache Gordian III [238-244] konnte den Niedergang des Imperiums nicht mehr aufhalten. Die Inflation nahm zu, innere Auseinandersetzungen schwächten die Reichsverteidigung, die Grenzregionen wurden immer wieder von Invasoren geplündert. 242-244 versuchte Gordian III die Ostgrenze wieder zu stabilisieren, nachdem der neue persische Großkönig Shapur I bis in die heutige Türkei vorgestoßen war. Auf einer Inschrift aus Brigantium (Bregenz) trägt die Leg III Ital den Beinamen GORDIANA (CIL III 5760), es ist aber nicht bekannt, wie sich die Einheit diese Auszeichnung verdiente. Falls eine vexillatio der Leg III Ital an Gordians Perserfeldzug beteiligt war, dürfte sie den Sieg bei Rhesaina in Mesopotamien von 243 miterlebt haben, wo ein römisches Heer den Persern eine schwere Niederlage zufügen konnte.

 

   Das Folgejahr 244 brachte aber schon wieder die Wende. Gordian III fiel entweder einer Intrige seines Prätorianerpräfekten Philippus Arabs (‚der Araber’) zum Opfer, oder er starb an einer Verwundung. Philipp wurde neuer Kaiser [244-249], musste aber einen demütigenden Frieden schließen, der auch Tributzahlungen an die Perser einschloss.

   Inzwischen hatten sich im Heimatgebiet der Legion die Ereignisse von 233 wiederholt. Germanische Angreifer nutzten die Abwesenheit der kampfstärksten Einheiten und fielen über die Grenzregionen her. Diesmal kam auch das östliche Raetien an die Reihe. Nach Ausweis von Münzschätzen und Brandschichten wurden Gunzenhausen, Kösching, Straubing, Künzing, Pocking, und diesmal auch Regensburg zerstört. Eine dicke Schicht aus Ziegelschutt, Asche, verbrannten Keramiken, Mettalgeräten und Skelettresten (mit Hiebspuren!) weist auf ein verheerendes Großfeuer hin, in der nicht nur die Zivilstadt, sondern auch das Legionslager abbrannten. Nach diesen Angriffen Anfang/Mitte der 40er Jahre wurden das Legionslager und die meisten Kastelle wieder aufgebaut. Die personellen und materiellen Verluste, die durch die Zerstörung vieler Gutshöfe in der fruchtbaren niederbayerischen Ebene entstanden waren, ließen sich dagegen wohl nicht mehr beheben.


                       

         


            

 

 

Abb.8: Wie schrecklich germanische Angreifer in der Provinz hausen konnten, belegen die Funde aus einem Gutshof in Regensburg-Harting, der wahrscheinlich irgendwann Mitte des 3.Jh. geplündert und zerstört wurde. Die Bewohner des Anwesens – Männer, Frauen und Kinder – wurden erst gefoltert (die Frauen sogar lebend skalpiert!) und dann ermordet, indem man ihre Schädel mit einem stumpfen Gegenstand zer-trümmerte. Anschließend wurden die Mordopfer zerhackt und in die Hofbrunnen geworfen. Hintergrund könnte eine primitive Opferzeremonie gewesen sein. Aus Britannien weiß man inzwischen allerdings, dass Menschenopfer nicht nur im Barbaricum praktiziert wurden, sondern während der chaotischen ‚Reichskrise’ im 3.Jh. auch in abgelegenen Regionen des Imperiums wieder auflebten.

Links: zertrümmerter Frauen-schädel aus Regensburg-Harting. Über dem rechten Auge Skalpierungsspuren. (Foto Verfasser)


 

 

Florian Himmler